Die Geschichte der Hörgeräte und Cochlea Implantate

Aus früheren Zeiten finden sich Beschreibungen von Hörrohren als Mittel gegen die Schwerhörigkeit, aber auf Zeichnungen und Bildern der Antike wurden die Hörfächer und Hörrohre leider nicht dargestellt und blieben in Europa dadurch unbeachtet. Gehörlose Menschen wurden seinerzeit als geistig zurückgeblieben eingestuft und demzufolge gesellschaftlich benachteiligt.

Die einfachste, und lange Zeit wohl auch einzige Möglichkeit, besser zu hören war, es die Hand hinter das eigene Ohr zu legen, um die Schallwellen aufzufangen und zu bündeln. Die Hand ist daher als älteste Hörhilfe der Welt zu bezeichnen. Doch irgendwann reichte das den damaligen Menschen nicht mehr aus.
Aus dem 17. Jahrhundert wurde die Einführung eines Hörfächers bekannt. Der Hörfächer ist eigentlich nur eine technische Erweiterung der „Hand hinter dem Ohr“. Er vergrößerte die reflektierend Fläche und ermöglichte so, dass Schallwellen direkt in den Gehörgang geleitet werden konnten.

Anno 1624 wurde durch den Jesuiten Jean Leurechon unter seinem Pseudonym „H. van Etten“ erstmals das Prinzip des Hörrohrs in einem gedruckten Werk publiziert. Athanasius Kircher, der sich neben zahlreichen anderen Wissensgebieten mit der Lehre vom Schall beschäftigte, beschrieb um 1650 in seinem Buch „Phonurgia nova sive conjugium mechanico-physicum artis & naturae paranymta phonosophia concinnatum“ eine von ihm gebaute Hörmaschine. Sie sah wie eine hohle Zigarre aus und wurde zwischen dem Redner und dem schwerhörigem Zuhörer aufgestellt. Mit diesen trichterförmigen Rohren verbesserte sich der Alltag der Schwerhörigen in jener Zeit etwas.

1879 konstruierte Rhodes in Chicago aus natürlichen Muschelschalen „Audiophone“ genannte Hörfächer, mit denen die Übertragung der Schallschwingungen über Knochenleitung erfolgte. Dazu wurde der Fächer gegen die Zähne gedrückt oder zwischen den Zähnen gehalten. Prominentester Nutzer eines Hörrohrs war Ludwig van Beethoven, für ihn fertigte Johann Nepomuk Mälzel 1812 bis 1814 Hörrohre an.

Hörrohre wurden bis in die Neuzeit hinein gebaut, erst 1963 stellte die Firma F. C. Rein and Son aus London als letzter Produzent die Herstellung von Hörrohren ein.

Selbst der portugiesischen König Juan VI. ließ die „hörenden Rohre“ sogar in einen prunkvollen Sessel, den „akustischen Thron“ integrieren. Da die Gehörlosigkeit leider bis in die heutige Zeit hinein immer noch als Makel gilt, waren und sind die Betroffenen bemüht, ihre Hörbehinderung so gut es ging zu verbergen.

Der entscheidende Schritt in der Entwicklung der Hörgeräte vollzog sich durch den Taubstummenlehrer Alexander Graham Bell (gest. 1922), der seinen gehörlosen Schülern und Familienangehörigen helfen wollte. Seine Idee, die Lautsprache in elektrische Signale umzuwandeln, führte allerdings nicht zur Entwicklung eines Hörgeräts, sondern zur Erfindung des Telefons. Mit der Erfindung des elektrischen Telefons wurde die Weiterentwicklung der Hörhilfen forciert und so wurde auf dieser Basis in den USA ein elektrischer Hörapparat – genannt „Akoulallion“ – entwickelt und 1901 patentiert. Es wurde sogar von der englischen Königin Alexandra im Jahre 1901 getragen.

Die ersten Hörgeräte waren große, unhandliche Kästen, die soviel Platz wie ein kleiner Koffer beanspruchten und ein dementsprechendes Gewicht mitbrachten. Die damaligen Hörgeräte bestanden aus einzelnen Komponenten, welche miteinander verschalten waren und demzufolge in der Regel auf einem Tisch Platz fanden. Dazu gehörten ein Mikrophon, der Verstärker, den Kopfhörern und eine riesige Batterie. Obgleich die Batterie groß war, hielt sie nur wenige Stunden durch.

Erst ab 1902 wurden handlichere Geräte erfunden. Die neuen Geräte waren endlich leichter und funktionierten besser als die früheren Modelle. Obwohl die Geräte nun etwas kleiner waren, mussten der Verstärker und die Batterien nach wie vor um den Hals gehängt und das Mikrophon mit der Hand gehalten werden. Je nach dem Grad der Schwerhörigkeit wurden angepasste Mikrophone benutzt. Sehr stark schwerhörigen Personen blieb demzufolge nichts anderes übrig, als sehr große Mikrophone mit sich zu führen.

1947 wurde der Transistor erfunden und brachte damit einen Quantensprung in die Entwicklung der Hörgeräte.
Bisher wurden Röhren in Hörgeräten verbaut und erst der Transistor ermöglichte die gewünschte Verkleinerung der Hörgeräte. Die ersten Transistor-Hörgeräte mussten zwar auch noch in der Hand gehalten werden oder wurden in weiße Leinensäckchen gesteckt und dann um den Hals gehängt (wie das im Foto abgebildete H40 aus DDR-Produktion).

1952 gründeten Theodor und Käthe Geers das erste industrieunabhängige Fachinstitut für Schwerhörige in Dortmund.
Der Transistor brachte eine überlegene Verstärkerkraft mit und ermöglichte damit eine längere Haltbarkeit der Batterien. Und die Geräte wurden stetig kleiner und handhabbarer. All diese Hörgeräte lag die damalige analoge Technologie zugrunde. Erst ab Mitte der achtziger Jahre kamen die ersten digitalen Hörgeräte auf den Markt. Die digitalen Hörgeräte konnten erst ca. erst zehn Jahre später gänzlich überzeugen, als man die klein gewordenen Geräte diskret hinter dem Ohr tragen konnte.

Mittlerweile ist die Technik so weit fortgeschritten, dass es viele verschiedene Bauarten gibt und für nahezu jede Schwerhörigkeit ein passendes Hörgerät gefunden werden kann. Die Weiterentwicklung der Hörgeräte bleibt aber nicht stehen, denn mittlerweile entwickelt die moderne Medizintechnik implantierbare Hörsysteme und beschreitet damit völlig neue Wege.

Die Geschichte des Cochlea-Implantats (CI) begann schon im 18. Jahrhundert, indem viele damalige Wissenschaftler versuchten, das Ohr und seine Hörnerven elektrisch zu reizen. Alessandro Volta, ein italienischer Physiker und der Erfinder der Batterie, wagte ein Selbstexperiment, in dem er Batterien mit zwei Metallstäben verband. Diese führte er sich in sein Ohr ein, dabei bemerkte er „ein Rütteln in seinem Kopf“ und nahm zusätzlich ein Geräusch wahr. Er beschrieb dieses Geräusch ähnlich dem einer kochenden dickflüssigen Suppe.
Die Entwicklung wurde erst ab 1936 nachhaltig beschleunigt, als die beiden Forscher Gersuni und Volokhov die Gehörknöchelchen entfernten und damit nachwiesen, dass die Cochlea (Hörschnecke) als der richtige Ort zur Stimulation des Hörnerv dient.

Im Jahr 1950 erfolgte die erste direkte Stimulation des menschlichen Hörnervs durch Ludenberg und nach diesem Erfolg entwickelten die Physiker André Djourno und der Otologe Charles Eyriès 1957 das erste funktionierende Cochlea-Implantat, welches am 25.02.1957 einem Patienten implantiert wurde.

Echte und auch bekannte Pionierarbeit zur Entwicklung dieses Gerätekonzepts leisteten ab den 1960er Jahren William F. House in den USA, Graeme Clark in Australien und das Ehepaar Ingeborg und Erwin Hochmair in Österreich. House befasste sich dabei mit einer einkanaligen Übertragung, während Clark und das Ehepaar Hochmair mit einem mehrkanaligen Übertragungskonzept letztlich erfolgreicher in der Anwendung und Vermarktung waren. Das Ehepaar Hochmair gründete später das Unternehmen MED-EL.

Der entscheidende Durchbruch gelang 1978 Professor Graeme Clark (Universität Melbourne, späterer Gründer des Unternehmens Cochlear Limited). Er implantierte ein mehrkanaliges intracochleäres System mit transkutaner Übertragung und tragbarem Sprachprozessor. Dieses implantierte CI ermöglichte dem damaligen Träger Rod Saunders wieder zu hören. Dieses von Clark neu entwickelte Cochlea-Implantat legte den Grundstein für die kommenden bahnbrechenden Innovationen.

Im Jahr 1980 ermöglichte der technische Fortschritt den ersten Audioprozessor, der am Körper getragen werden konnte. 1991 kam aufgrund der kontinuierlichen technischen Weiterentwicklung der weltweit erste Sprachprozessor auf den Markt, welcher hinter dem Ohr getragen werden konnte.

In Deutschland erfolgten ab 1963 erste Versuche, Elektroden in die Cochlea zu implantieren. Im Jahr 1984 begannen Professor Lehnhart und Professor Laszig an der Medizinischen Hochschule in Hannover, CI-Modelle zu implantieren. Dank Professor Lehnhart wurde 1990 das Cochlea Implantat Centrum (CIC) in Hannover gegründet.

2005 wurde das erste elektrisch-akustische Hörsystem (EAS) eingeführt. Diese technische Weiterentwicklung ermöglicht das Hören über eine Kombination von CI und Hörgerät. Die Audiosignale werden auf zwei Wegen an das Gehirn weitergeleitet, zum einen akustisch (mittels des Hörgerätes) und zum anderen elektrisch (mittels CI). Die tiefen Frequenzen werden über das Hörgerät lediglich verstärkt, während hohe Frequenzen durch das CI hörbar gemacht werden.

Die andauernde technische Weiterentwicklung ermöglicht inzwischen auch eine bimodale Versorgung, das heißt eine Zusammenarbeit von CI auf dem einen Ohr und Hörgerät auf dem anderen Ohr.

Quellen:
www.mta-dialog.de/artikel/die-geschichte-des-cochlea-implantats.html
www.informatik.uni-oldenburg.de
www.medel.com
www.cochlear.com
www.wikipedia.org

Unser DSB Ortsverein Weimar e.V. verfügt über eine informative Sammlung historischer Hörrohre, Hörgeräte und Zubehör. Sie können zu unseren Bürozeiten nach Absprache gerne besichtigt werden.

                              Vitrine mit historischen Hörhilfen