Barrierefreiheit – MDR-Strategie 2017
Am Donnerstag, 19. Oktober 2017 fand in Leipzig das jährliche Spitzentreffen des MDR unter Vorsitz der MDR-Intendantin, Frau Prof. Dr. Wille mit den Interessenvertretern von Menschen mit Behinderung statt.
Wir veröffentlichen hier mit freundlicher Genehmigung des MDR die Ergebnisse dieses Erfahrungsaustausches.
Barrierefreiheit – MDR-Strategie 2017
Ein Bericht der Intendantin des MDR, Frau Prof. Dr. Wille (leicht gekürzt)
Einführung
In diesem Jahr konnten wir die barrierefreien Angebote des MDR an vielen entscheidenden Stellen ergänzen – zum Teil Neuerungen, zum Teil aber auch kleine Details, die den Zugang erleichtern sollen. Jede Etappe haben wir gemeinsam mit Vertretern der unterschiedlichen Verbände in Workshops besprochen. Dieser direkte inhaltliche Austausch ist immer eine Bereicherung.
Hör- oder sichtbares Ergebnis sind die vielfältigen Angebote im MDR-Programm. Ein Ergebnis, dass in diesem Jahr wieder durch einen Preis gewürdigt wurde. Der Allgemeine Behindertenverband in Sachsen-Anhalt hat uns den Ehrenpreis 2017 zuerkannt. Es ist ein schöner Ansporn trotz des bereits Erreichten nicht nachzulassen.
Unser Service für Menschen mit Höreinschränkungen
Der MDR sendet durchschnittlich knapp über 21 Stunden Untertitelung jeden Tag (ca 89%). Vor fünf Jahren waren es knapp acht Stunden. Kein Sender aus der ARD bietet derzeit mehr.
Untertitelt werden auch besondere Programmschwerpunkte wie z.B. zur Bundestagswahl, zum Kirchentag oder Unterhaltungssendungen, wie die Goldene Henne vergangene Woche. Selbstverständlich gehören auch „Die Sonntagsfragen“ und „Selbstbestimmt“ dazu.
Der MDR versteht sich als die Informationsquelle in Mitteldeutschland, deshalb komme ich auf den Aspekt Bundestagswahl und Nachrichten später noch einmal zu sprechen.
Qualität spielt für uns eine ganz besondere Rolle. Sie muss mit der Quantität Hand in Hand gehen. So führen wir in der Untertitelung regelmäßig Schulungen durch, bei denen uns externe Experten unterstützen.
Und: Technische Aspekte werden immer wichtiger.
Viele Sendungen – Fernsehserien wie „Dr. Kleist“, „exakt die story“ oder „nah dran“ etc. – können Sie bereits vor der Fernsehausstrahlung in der MDR Mediathek sehen. Der MDR folgt hier dem digitalen Sog, der durch die Gesellschaft und die technische Entwicklung vorgegeben wird. Zahlen z.B. der Landesmedienanstalten belegen dies. Der Anteil der vollständig digitalisierten TV‑Haushalte wuchs binnen einen Jahres um 5 Prozent. Über 90 Prozent der Haushalte sind bundesweit digital angebunden. Wichtig für Sie: Diese sogenannten „online-first“-Angebot stehen auch mit Untertiteln zur Verfügung.
Überhaupt bietet die MDR-Mediathek alle bei Erstausstrahlung untertitelten Sendungen mit den jeweiligen Untertiteln an. Auch das ein Angebot, welches Sie in diesem Umfang nicht bei allen Sendern finden. Unsere Zulieferungen für Das ERSTE werden selbstverständlich untertitelt gesendet.
Gebärdensprache in Sendungen des MDR
Seit diesem Jahr bietet der MDR drei tägliche Sendungen mit Gebärdensprache an. Neben dem Magazin „MDR um 11“ am Vormittag auch die beiden Hauptausgaben von „MDR Aktuell“ um 19:30 und 21:45 Uhr. Zusätzlich werden besondere Programmschwerpunkte wie z.B. zum evangelischen Kirchentag oder zur Bundestagswahl ebenfalls in Gebärdensprache übersetzt. Verfolgen können Sie die Sendung live im HbbTV über MDR+ sowie selbstverständlich im Internet als Livestream und zeitversetzt in der Mediathek. Insgesamt sind das knapp 6 Prozent des TV-Programms. Keine Landesrundfunkanstalt bietet mehr Sendungen mit Gebärdensprache an.
Quantität geht nur mit Qualität. Wie bei allen Angeboten stellen wir auch diese durch regelmäßige Schulungen sicher. Im ersten Halbjahr fanden dazu mehrere Treffen statt. Am 24. November findet mit externen Fachleuten das nächste statt. Jeder Austausch mit den Verbänden ist für uns ein verlässliches Fundament.
Für „Das Erste“ verantwortet der MDR das Politmagazin „Fakt“, dienstags um 21:45 Uhr. Mit Gebärdensprache steht es nachträglich in der Mediathek zur Verfügung.
Zur Bundestagswahl gab es im „Ersten“ vielfältige Sendungen, die alle zusätzlich in Gebärdensprache übersetzt wurden. Vom Duell Merkel gegen Schulz bis zu den Sondersendungen am Wahltag. In Absprache mit den Kollegen des NDR darf ich Ihnen außerdem ankündigen, dass die Gesprächssendung „Anne Will“ ab Januar mit diesem Service angeboten wird. Damit sie diese Angebote leichter auffinden, wird es dann auch eine Übersichtsseite z.B. von ARD.de geben, auf der alle gebärdensprachlichen Angebote der diversen Sender übersichtlich und mit direktem Link hinterlegt sind. Zusätzlich wird es dann auch ein einheitliches Gebärdensprach-Logo für alle Sender geben. Anders als für UT(Untertitel) und AD(Audiodeskription) gibt es derzeit kein entsprechendes einheitliches Symbol.
Auch unser Service für Menschen mit Seheinschränkungen hat sich in diesem Jahr auf relativ hohem Niveau konsolidiert.
Im Durchschnitt senden wir täglich mehr als 2 ½ Stunden mit Audiodeskription. Das heißt: etwa 12 Prozent des täglichen Fernsehprogramms. Damit liegt der MDR derzeit auf den Spitzenplätzen unter den LRA (Landesrundfunkanstalten).
Viele Sendungen sind heute MDR-Hörbeschreibungs-Standardrepertoire. Dazu gehört „Geschichte Mitteldeutschlands“ ebenso wie „Sagenhaft“, aber auch explizite Unterhaltungsangebote wie „Steimles Welt“. Oder auch die beliebte Musiksendung am Sonntag „Damals wars“. Gleiches gilt für die beiden Programmschwerpunkte „Goldenen Henne“ bzw. „Semperopernball“, die regelmäßig mit einer Live-Audiodeskription ausgestattet werden. Hinzu kommen viele Dokumentationen. Mit ihrer hohen Qualität sind sie für uns ein mdr-spezifisches Markenzeichen, das wir auch zukünftig weiter pflegen werden.
Alle Sendungen mit Audiodeskription werden, soweit die Rechte es erlauben, ebenfalls in der MDR-Mediathek sowohl für Desktop- und mobiles Ausspiel bereitgehalten. Sie sind ebenfalls in der ARD-Mediathek abrufbar.
Die Serie „In aller Freundschaft“ im Ersten kennt fast jeder. Seit fünf Jahren, seit 2013, wird sie mit Audiodeskription ausgestrahlt, Woche für Woche, über 200 Folgen. Inzwischen hat die Serie gute Gesellschaft bekommen: Alle fiktionalen Primetime-Angebote des MDR für das Erste sowie die Sendungen des Naturfilmplatzes am Sonntagnachmittag werden mit Audiodeskription angeboten. Dazu gehört z.B. „Um Himmels Willen“. Hinzukommen die Vorabendserien, wie z.B. „Die jungen Ärzte“.
Sämtliche „Tatort“-, „Polizeiruf 110“- und Fernsehfilm-Zulieferungen des MDR für DAS ERSTE werden bereits seit 2009 mit Audiodeskription in der ARD ausgestrahlt.
Neu seit diesem Jahr sind auch die „Feste“ mit Florian Silbereisen. Die fünf großen, mehrstündigen Showsendungen am Hauptabend zur besten Sendezeit im „ERSTEN“ mit ihrer hohen Zuschauerakzeptanz werden mit Live-Audiodeskription gesendet.
Barrierefreie Angebote = permanente Verbesserungen
Wir möchten, dass Sie unsere Angebote noch besser nutzen können. Im persönlichen Austausch mit Ihnen erarbeiten wir laufend neue Verbesserungen. Qualität ist dabei nur ein Aspekt, viele kleine und große Erleichterungen sind nur mit technischer Hilfe möglich. Bei den vielfältigen Details ist es nicht immer ganz leicht, den Überblick zu behalten. Hier einige Beispiele:
- In der Mediathek den Farbkontrast invers einstellen
- Ebenfalls in der Mediathek die Größe der angezeigten UT ändern (Hinweis Fr. Sieland)
- MDR-Text mobil über das Smartphone aufrufen (Hinweis Gehörlosenverband SA)
- Änderung der Abspielgeschwindigkeit von Audios und Videos
Diese und andere Informationen können Sie auf unserer Webseite aufrufen: Unter www.mdr.de/barrierefreiheit finden Sie alle Tipps zum Nachlesen. Eine Auswahl davon haben wir ausgedruckt bereitlegen lassen. -Siehe auch Downloadlinks am Ende des Beitrages (LK)-.
Häufig erhalten wir Anfragen, die uns zeigen, dass nicht immer alle Interessierten von unseren vielfältigen Angeboten wissen. Das betrifft z.B. o.g. Verbesserungen, neue Angebote oder auch Programmschwerpunkte mit barrierefreien Zugängen. Wir möchten aber, dass unsere vielfältigen Bemühungen bei allen Mitgliedern ankommen.
Deshalb informieren wir sie und alle Interessierten ab November regelmäßig mit Hilfe eines Newsletters. Dieser Newsletter wird sowohl per Mail aber auch als WhatsApp-Nachricht verschickt.
Ein Thema wird im nächsten Jahr so umfangreich sein, dass der gerade angesprochene Newsletter nicht genügend Platz bieten wird. Der MDR betreut als federführender Sender die beiden großen Sportereignisse Olympische Winterspiele und Paralympics für „Das Erste“.
Das sind zusätzliche Herausforderungen
Die Sportkollegen berichten täglich von den Ereignissen. Insgesamt wird der MDR mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Berichterstattung umfänglich barrierefrei zugänglich machen. Hierzu finden ab November mit Experten z.B. in der Live-Audiodeskription zusätzliche Schulungen statt. Details zu Sendungen und –zeiten werden derzeit erarbeitet. Wir informieren Sie selbstverständlich gerne, sobald diese feststehen.
Das heißt: Zu all den bereits beschriebenen umfangreichen Maßnahmen werden wir für Sie zusätzliche barrierefreie Zugänge sicherstellen. Neben solchen für hör- bzw. seheingeschränkten Menschen, werden wir auch tagesaktuell Zusammenfassungen zu Sportarten u.a. in Leichter Sprache für kognitiv eingeschränkte Menschen erstellen.
Barrierefreie Telemedienangebote
Selbstverständlich sorgen wir dafür, dass auch die Webseiten des MDR zugänglich sind. Dafür schulen wir die zuständigen Redakteure, der nächste Termin soll im November stattfinden. Im nächsten Jahr ist außerdem ein Barrierefreiheitstest der MDR-Seiten geplant.
Die technologische Weiterentwicklung macht uns allerdings manchmal einen Streich. Es gilt als sehr schick, bei besonderen Ereignissen sogenannte „Pageflow“-Angebote im Web zu gestalten. Technisch gesehen entziehen sich diese einer barrierefreien Gestaltung. Sie stellen für uns eine Herausforderung dar, an der wir noch arbeiten.
Inklusion im Programm
Das Thema „Menschen mit Behinderung“ ist ein fester Programmbestandteil, von der fiktionalen Darstellung z.B. bei „In aller Freundschaft“ über dokumentarische Formen bis zur aktuellen Berichterstattung. So berichtete „MDR Aktuell“ über das neue Notrufsystem für hörgeschädigte Menschen oder „MDR um 11“ über die Herausforderung für stark seheingeschränkte Menschen einen Fernseher auszuwählen. Die Sendereihe „LexiTV“ erörtert monothematisch diverse Fragen im Zusammenhang mit kognitiven Einschränkungen und funktionalen Analphabetismus.
Die vom BR federführend produzierte Sendung SEHEN STATT HÖREN wird als identitätsstiftendes Magazin besonders für Gehörlose weiterhin im MDR Fernsehen ausgestrahlt.
Auch die mdr-eigene Sendung Selbstbestimmt steht natürlich in der Mediathek zur Verfügung.
Inklusion findet für die MDR-Kolleginnen, wie schon in den letzten Jahren, wieder ein Workshop statt, in dem sie anhand praktischer Beispiele zum Thema Barrierefreiheit geschult werden. Um die Termine etwas zu entzerren, die sich für uns im Herbst etwas ballen, wird der Workshop im Januar stattfinden.
Kooperation mit Verbänden
Neben den erwähnten vielfältigen Kontakten des MDR mit unterschiedlichen Behindertenverbänden haben wir die Arbeitsbesuche regionaler Behindertengruppen, bei uns wie z.B. des Sächs. Blinden- und Sehbehindertenverbandes fortgesetzt. Das bietet eine niederschwellige Plattform für Austausch bzw. Verbesserungswünsche. Wir haben uns aber auch etwas Neues ausgedacht: Im Januar 2018 werden wir gemeinsam mit der Hochschule Zwickau die regionalen Gehörlosen-Verbände zunächst in Sachsen vor Ort besuchen und sie über unsere Angebote informieren. Auch das dient dazu, miteinander im Gespräch zu bleiben.
Die zentrale E-Mail-Adresse barrierefreiheit@mdr.de dient als zentrale Adresse für alle Fragen zum Thema Barrierefreiheit. Gerne dürfen Sie uns über diese Mailadresse kontaktieren, wenn Sie Fragen oder Anregungen haben.
Es ist eine Freude, Sie über unsere umfangreiche Arbeit zu informieren. Gerne suchen wir den Kontakt, gerne den Austausch und die Anregung.
Danke!
Kleine Tipps und Anleitungen zur Nutzung der barrierefreien Angebote des MDR:
- Änderung der Abspielgeschwindigkeit in der MDR-Mediathek
- Änderung der Farbe des Videoplayers der MDR-Mediathek
- Änderung des Größe der Untertitel des Videoplayers der MDR-Mediathek
- Artikel vorlesen lassen auf den Webseiten des MDR
- Erläuterung der Nachrichten in leichter Sprache
- MDR-Text per Smartphone abrufen
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